Sport in der Jugendanstalt – Im Interview mit dem Sportbeauftragten der Jugendanstalt in Schleswig

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Die Jugendanstalt in Schleswig

Lars Weise ist der Sportbeauftragte der Jugendanstalt in Schleswig. Seine Arbeit ist aber weit mehr als nur ein Job, sondern seine Arbeit trägt wesentlich zum Alltag und der Entwicklung der Häftlinge bei. Er hat sich Zeit für ein Interview mit uns genommen und erzählt uns, warum der Sport im Alltag der Jugendlichen so wichtig ist und welche Herausforderungen die Arbeit mit sich bringt.

Die Jugendanstalt Schleswig verfügt über insgesamt 112 Haftplätze und sie ist zuständig für den Vollzug der Jugendstrafe für das Land Schleswig-Holstein. Momentan befinden sich 83 Häftlinge mit einem Durchschnittsalter von 20 Jahren in der Jugendanstalt. Insgesamt sind 100 Bedienstete um Leiterin Anne Damberg in der Jugendanstalt beschäftigt. Einer von Ihnen ist der Sportbeauftragte Lars Weise. Da Sport-Tiedje schon mehrmals mit der Jugendanstalt zusammenarbeitet hat, sei es bei gemeinsamen Sportprojekten oder auch bei der Beratung zur Ausstattung der Fitnessräume, hat sich Lars Weise für ein kleines Interview zur Verfügung gestellt.

Thore: Hallo Herr Weise, danke, dass sie sich Zeit für ein Interview genommen haben. Was ist Ihre Aufgabe in der Jugendanstalt und welche Voraussetzung braucht man dafür?

Lars Weise: Ich bin als Sportbeauftragter verantwortlich für die Planung, Organisation und Durchführung der Sportaktivitäten, beispielsweise mache ich auch Trainingspläne für die Häftlinge. Ich habe eine Übungsleiter- und zusätzlich eine Trainerlizenz. Zusätzlich biete ich eine landesweite Fortbildung an, wo wir uns mit Kollegen aus anderen Anstalten zusammensetzen und uns über Sportaktivitäten in Anstalten austauschen.

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In der Sporthalle werden sehr viele unterschiedliche Sportaktivitäten angeboten

Thore: Wie sehen die Sportaktivitäten bzw. -angebote in der Jugendanstalt aus?

Lars Weise: Wir haben eine große Sporthalle zur Verfügung, in der wir unterschiedliche Sportmöglichkeiten anbieten. Dort haben wir auch eine Vielzahl an Fitness-Kleingeräten, die sich optimal für Fitness-Parcours und Functional Training einsetzen lassen. Viele Ballsportarten werden ebenfalls in der Halle angeboten, beispielsweise Futsal, Volleyball, Floorball, etc.. Badminton möchten wir ebenfalls zukünftig ins Program aufnehmen. Zudem gibt es auf dem Anstaltsgelände Außensportflächen, die für Ballspiele geeignet sind. Natürlich ist Fußball besonders gefragt, aber auch die Nachfrage an Fitnessgeräten wird zunehmend mehr. Daher haben wir unterschiedliche Fitnessräume mit Ergometern, Indoor Cycles, Kraftstationen, Klimmzugstangen, freie Hanteln und Beinmaschinen eingerichtet. Zusätzlich bieten wir viel Laufsport an und haben auch Tischtennisplatten bei uns. Wir möchten unseren Häftlingen somit unterschiedliche Möglichkeiten der sportlichen Betätigung bieten, also eine Mischung aus Kraft, Ausdauer und Koordination.

Thore: Was muss man bei der Auswahl der Fitnessgeräte beachten?

Lars Weise: Wir nutzen handelsübliche Fitnessgeräte. Diese sollten vor allem sicher und robust sein. Bei den Kraftstationen haben wir jedoch eine Gewichtsbeschränkung von 60 kg. Eine Gewichtsbeschränkung aus diesem Grund, weil wir ein reines Bodybuilding vermeiden möchten. Die Jugendlichen sollen nicht ausschließlich Kraftaufbau machen, das kann nämlich zu dem Problem führen, dass dadurch Schwächere eingeschüchtert werden können. In unserem Fokus steht die allgemeine Fitness und die Gesundheit.

Thore: Ist es für eine Anstalt verpflichtend Sport oder Fitness anzubieten?

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Das Bundeslaufprojekt „Jugend bewegt sich über Grenzen“ fand letztes Jahr in der JA Schleswig statt

Lars Weise: Sport nimmt einen großen Stellenwert ein! Es ist daher auch gesetzlich vorgeschrieben, dass man den Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich ermöglicht (Auszug aus dem Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe in Schleswig-Holstein – Jugendstrafvollzugsgesetz – (JstVollzG) § 39 Sport: Dem Sport kommt bei der Erreichung des Vollzugsziels besondere Bedeutung zu. Er kann neben der sinnvollen Freizeitgestaltung auch zur Diagnostik und gezielten Behandlung eingesetzt werden. Es sind ausreichende und geeignete Angebote vorzuhalten, um den Gefangenen eine sportliche Betätigung von mindestens zwei Stunden wöchentlich zu ermöglichen.). Darüber hinaus bieten wir den Häftlingen aber auch viel Sport als Freizeitangebote an und organisieren Sportprojekte. Erst kürzlich fand bei uns ein Fußballturnier statt, in dem sich einige Teams aus der Anstalt mit den Teams der städtischen Vereine messen konnten. Jede Anstalt kann aber selbst entscheiden, welche zusätzlichen Angebote Sie den Häftlingen gibt.

Thore: Warum ist der Sport und Fitness so wichtig beim Jugendvollzug?

Lars Weise: Beim Sport, besonders an den Fitnessgeräten, haben die Häftlinge die Chance sich auszupowern oder auch Frust abzubauen. Oftmals kann es natürlich auch zur Übermotivation kommen, wo wir dann sofort eingreifen und darum bitten, etwas langsamer zu machen. Wenn die Häftlinge an den Fitnessgeräten trainieren sind meine Kollegen, welche ebenfalls Übungsleiterlizenzen haben, immer dabei und auch ich versuche, obwohl ich häufiger in der Sporthalle bin, die Häftlinge im Fitnessraum zu betreuen. Mit einzelnen gehe ich aber auch mal gesondert dort hinein. Wir versuchen während des Trainings auf falsche Bedienung hinzuweisen und korrigieren ggf. die Bewegungsabläufe. Das baut natürlich auch das Vertrauen auf und der Insasse öffnet sich. Man erhält ganz einfach einen ganz anderen Draht zueinander. Indem die Häftlinge mit Fitnesstraining mal etwas anderes machen, sich gezielt belasten, lernen sie auch mal abzuschalten und nachzudenken.

Thore: Machen die Mitarbeiter auch Sport zusammen?

Lars Weise: Wir nutzen die Fitnessgeräte natürlich auch selbst. Eine Betriebssportgruppe befindet sich derzeit im Aufbau. Auch das gemeinsame Sporteln mit den Häftlingen zusammen ist uns sehr wichtig. Es schafft Vertrauen, man feuert sich gegenseitig an und schürt auch so manchmal einen Wettbewerb. Wenn wir zusammen trainieren, ist es teilweise so, dass sich der Häftling denkt „Was der Vollzugsbeamte schafft, schaffe ich auch“. Dieser Wettbewerb motiviert dann natürlich alle und macht vor allem Spaß.

Thore: Was haben Sie zukünftig geplant?

Lars Weise: Ich möchte natürlich das Angebot nach und nach ausbauen. Auch im Bereich der Fitnessräume würde ich gerne in zusätzliche Fitnessgeräte investieren, um den Häftlingen noch mehr Abwechslung und die Möglichkeit zum Auspowern zu geben. Meine Kollegen und ich sind ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten das Sportangebot kontinuierlich zu erweitern.

One thought on “Sport in der Jugendanstalt – Im Interview mit dem Sportbeauftragten der Jugendanstalt in Schleswig

  1. Nadine

    Interessanter Beitrag.

    Ein Freund von mir hat sehr oft mit dem Jugendstrafrecht zutun. Ich habe ihm gesagt, dass er sich am Besten an einen Strafverteidiger wenden sollte.

    Antworten

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